Katholischer Priester. Mitbegründer des Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten und des Bürgerforums. Sprecher der Charta 77 und Weihbischof von Prag.

Václav Malý wurde 1950 in Prag geboren. 1969 begann er ein Studium an der Kyrill- und Method-Fakultät für Theologie in Leitmeritz (Litoměřice), das er zwischen 1971 und 1973 aufgrund des Grundwehrdienstes unterbrechen musste. Nach Abschluss seines Studiums 1976 wurde er in der Veitskathedrale zu Prag zum Priester geweiht und war danach als Kaplan im mittelböhmischen Vlašim und in Pilsen (Plzeň) tätig.

Schon während des Studiums unterhielt Malý Kontakte zu Kreisen sogenannter nonkonformistischer Katholiken wie Ivan Medek oder Zdeněk Bonaventura Bouše und – durch deren Vermittlung – mit den späteren Aktivisten der Charta 77. Unter dem Einfluss dieses Umfeldes begann er, ein kritisches Verhältnis gegenüber der damaligen Kirchenhierarchie zu entwickeln.

Anfang 1977 unterzeichnete Malý die Charta 77, obwohl er als katholischer Priester damit die Ausübung des Priesteramtes riskierte. Im April 1978 gehörte er zu den Mitbegründern des Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten (Výbor na obranu nespravedlivě stíhaných; VONS). Seine Tätigkeit im Kreis der Dissidenten führte schnell zur Verfolgung durch die Staatssicherheit. Im Januar 1979 wurde Malý die staatliche Erlaubnis für die Ausübung seines Amtes als Kaplan entzogen, im April wurde er zusammen mit neun weiteren Mitgliedern des Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten verhaftet und wegen angeblichen „versuchten Republiksturz“ angeklagt, auf den die Arbeit des Komitees abgezielt haben sollte. Am 23. Dezember 1979 wurde Malý zusammen mit Jiří Němec, Ladislav Lis und Jarmila Bělíková zwar aus dem Gefängnis entlassen, das Strafverfahren wurde jedoch nicht eingestellt. Die anderen inhaftierten VONS-Mitglieder Václav Havel, Václav Benda, Petr Uhl, Jiří Dienstbier, Dana Němcová und Otka Bednářová wurden mit bis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Untersuchungsverfahren gegen Václav Malý wurde erst 1989 eingestellt. Er lebte also zehn Jahre in ständiger Gefahr, verhaftet zu werden.

Nach der Freilassung setzte Malý sein Engagement im Komitee zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten fort. Er betätigte sich auch ohne offizielle Genehmigung als Seelsorger für Jugendliche und Erwachsene aus dem Umfeld der Charta 77 und arbeitete mit den berühmten tschechischen Theologen Oto Mádr und Josef Zvěřina zusammen. Offiziell war Malý viele Jahre lang als Heizer und Laternenanzünder angestellt. Dank dieser Beschäftigungen hatte er Zeit für die Seelsorge und das Engagement in der Opposition. Zur Zeit der schärfsten staatlichen Repressionen gegen Mitglieder der Dissidentenbewegung 1981 war er zusammen mit Bedřich Placák und Jaroslav Šabata Sprecher der Charta 77.

In den 80er Jahren setzte Malý sein Engagement in der Charta 77 und im Komitee zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten fort. Er gab Samisdat-Publikationen heraus und schrieb auch selbst in religiösen Zeitschriften des Samisdat. Immer wieder wurde er kurzzeitig inhaftiert. Seit 1988 war er Mitglied des Tschechoslowakischen Helsinki-Komitees (Československý helsinský výbor).

Zusammen mit Václav Havel gehörte Malý zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Samtenen Revolution. Im November 1989 war er Mitbegründer des Bürgerforums (Občanské fórum; OF) und dessen erster Sprecher. Wenig später zog er sich aus der politischen Tätigkeit zurück und wurde Pfarrer in Prag, zunächst im Stadtteil Smíchov, später in Holešovice. Seit Dezember 1996 ist Václav Malý Weihbischof von Prag. Als persönlichen Wahlspruch wählte er die Devise „Demut und Wahrheit“. Im Oktober 2005 wurde er für seine Verdienste um die Förderung der Menschenrechte mit dem Auschwitzer Johannes-Paul-II-Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Václav Malý zählt bis heute zu den wichtigsten moralischen Autoritäten des öffentlichen Lebens in Tschechien.

Petr Pospíchal
Aus dem Polnischen von Tim Bohse
Letzte Aktualisierung: 06/15