Der katholische Priester Franciszek Blachnicki, seit den 50er Jahren als Jugendkaplan und Organisator von Exerzitien aktiv, gründet die Bewegung Licht–Leben (Ruch Światło–Życie), die der geistlichen Erziehung der Jugend im Einklang mit der katholischen Soziallehre dienen soll. Die Resonanz der Teilnehmenden ist überwältigend, Schikanen vonseiten des Staates lassen allerdings nicht lange auf sich warten – ähnlich verhält es sich mit anderen sozialen Initiativen Blachnickis (beispielsweise Abstinenz-Aktionen gegen Alkoholmissbrauch).

Weitere Protestbriefe gegen die Verfassungsänderungen. Der Brief der 101 trägt unter anderem die Unterschriften von Jerzy Andrzejewski, Kazimierz Brandys, Andrzej Kijowski, Zdzisław Najder und Wiktor Woroszylski. Der Aufruf der Bewegung Znak ist von Bohdan Cywiński, Tadeusz Mazowiecki, Jerzy Turowicz und Jacek Woźniakowski unterzeichnet. Ungeachtet der Proteste werden die Verfassungsänderungen am 10. Februar fast einstimmig vom Parlament beschlossen. Es gibt nur eine Stimmenthaltung: von Stanisław Stomma.

Edward Lipiński wendet sich in einem offenen Brief an Parteichef Edward Gierek: „Wir sind zur bedingungslosen Unterstützung der sowjetischen Außenpolitik gezwungen, wir haben aufgehört, ein eigenständiger Faktor der internationalen Politik zu sein. Dies befindet sich oft im Gegensatz zu den nationalen Interessen Polens.“

Die in London erscheinende Zeitschrift „Tydzień Polski“ druckt das Programm der in Polen gegründeten Polnischen Unabhängigkeitsallianz. Deren Ziele sind: Wiedererlangung der Souveränität Polens, Teilhabe des Landes an der Gemeinschaft der europäischen Staaten, Einführung einer demokratischen Ordnung und bürgerlicher Freiheiten, Reform der Wirtschaft. Das Programm findet auch in Polen selbst Verbreitung. Die von Zdzisław Najder gegründete, streng konspirativ agierende Polnische Unabhängigkeitsallianz wird von einem anonymen Team geleitet (Zdzisław Najder, Andrzej Kijowski, Jan Olszewski und Jan Józef Szczepański) 1976–81 erscheinen im Untergrund 50 historische Beiträge und politische Texte von einer Vielzahl von Autoren.

Erklärung von 14 Bürgerrechtlern (Ludwik Cohn, Jakub Karpiński, Stefan Kisielewski, Jacek Kuroń, Edward Lipiński, der Priester Stanisław Adam Michnik, Jan Olszewski, Józef Rybicki, Władysław Siła-Nowicki, Aniela Steinsbergowa, Adam Szczypiorski, Władysław Zawadzki, Pfarrer Jan Zieja). Darin solidarisieren sie sich mit den Arbeitern und rufen die Staatsmacht zu einer wirklichen Diskussion über notwendige soziale und wirtschaftliche Reformen auf.

Als Reaktion auf eine weitere Preiserhöhung bei Lebensmitteln kommt es in 97 Betrieben in mehreren Städten Polens zu Arbeitsniederlegungen (siehe Juni 1976). Zentren der Streiks sind Radom, wo der Sitz der Woiwodschaftsleitung der Partei in Brand gesetzt wird, und die Warschauer Ursus-Werke, wo die Arbeiter eine internationale Eisenbahnstrecke blockieren. Die Proteste werden von Polizei und Staatssicherheit brutal niedergeschlagen, wenn auch ohne Schusswaffen. Schon am Abend des 25. Juni werden die Preiserhöhungen zurückgenommen. Es kommt zu Massenverhaftungen, die in ganz Polen etwa 2.500 Menschen betreffen. Die Verhafteten werden in den Dienststellen der Miliz im Rahmen von Spießrutenläufen physisch schwer misshandelt.

Viele Arbeiter verlieren ihre Arbeit. Schon am 27. Juni müssen sich die ersten vor sogenannten Kollegien für Ordnungswidrigkeiten verantworten und werden bestraft. Gegen weitere Teilnehmer an den Arbeiterprotesten werden später Gerichtsverfahren eingeleitet.


Die Arbeiterproteste im Juni 1976 gegen Preiserhöhungen bei Lebensmitteln nahmen in Radom gewaltsame Formen an. Hier wurde das Gebäude der Woiwodschaftsleitung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei am 25. Juni 1976 in Brand gesetzt. 

Die Gerichtsverhandlungen gegen die Arbeiter aus Radom und aus den Warschauer Ursus-Werken beginnen. Sie enden mit zum Teil drakonischen Strafen, es werden fünf- bis zehnjährige Gefängnisstrafen verhängt. In Oppositionskreisen werden rechtlicher Beistand und materielle Unterstützung für die in Bedrängnis geratenen Teilnehmer der Juni-Proteste und deren Familien organisiert. Von großer Bedeutung sind insbesondere die Aktivitäten von Antoni Macierewicz und der Gruppe um Henryk Wujec, die sich zunächst auf die Unterstützung der Ursus-Arbeiter konzentrieren. Im September nimmt sich dann eine Gruppe um Mirosław Chojecki der Radomer Arbeiter an.

Dokumentiert sind eine Reihe von Briefen und Erklärungen, deren Autoren sich mit den Arbeitern solidarisieren und die die westlichen Politiker und die Öffentlichkeit dazu aufrufen, Druck auf die polnische Führung auszuüben.

Jerzy Andrzejewski wendet sich im Namen oppositioneller Schriftsteller in einem Brief „An die verfolgten Teilnehmer der Arbeiterproteste“. Darin heißt es: „Wir werden in unserem Bemühen nicht nachlassen, bis die Verfolgungen ein Ende finden, denen Ihr zum Opfer gefallen seid und die Euch weiterhin bedrohen. Wir fordern eine Amnestie für alle unschuldig Verurteilten und Inhaftierten, die Freilassung aller grundlos Verhafteten, die Rehabilitierung aller Gepeinigten und Verunglimpften sowie die Wiedereinstellung all jener, denen ihr Arbeitsplatz genommen wurde.“

Das hauptsächlich aus der Feder von Leszek Moczulski stammende „Programm 44“ erscheint und wird als Maschinendurchschlag verbreitet. Darin finden sich weitgehende Forderungen nach Reformen der staatlichen Ordnung und Institutionen: die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative; eine unabhängige Wirtschaft; demokratische Bürgerrechte; allgemeine, geheime, gleiche und direkte Wahlen (sogenannte Vier-Attribute-Wahlen ohne das Prinzip der Proportionalität); Änderungen in der Führung der vergesellschafteten Wirtschaft, Unterstützung des Sektors der Einzelbauern in der Landwirtschaft.

Der katholische Priester Roman Kotlarz, Vikar in Pelagów bei Radom, wird zusammengeschlagen und stirbt an den Folgen des Angriffs. Am 25. Juni 1976 hatte er sich den protestierenden Arbeitern in Radom angeschlossen und solidarisierte sich in der Folgezeit mit ihnen in seinen Predigten, in denen er das begangene Unrecht beim Namen nannte. Sein nie abschließend aufgeklärter Tod steht am Ende einer Reihe von Maßnahmen der Staatssicherheit, die den Geistlichen bespitzelt und bei Verhören in der Radomer Miliz-Dienststelle misshandelt hatte. Mehrfach war er außerdem von „unbekannten Tätern“ zusammengeschlagen worden.

In Warschau erscheinen regelmäßig unabhängige Schriften. Im Umfeld des KOR wird das „Komunikat“ herausgegeben, das vor allem KOR-Erklärungen und -Dokumente abdruckt, sowie das „Biuletyn Informacyjny“, dessen Hauptziel die Schaffung eines freien, zensurunabhängigen Informationsflusses ist. Namentlich bekannte Redakteure sind Seweryn Blumsztajn, Jan Lityński und Joanna Szczęsna.

Auf einer in Paris stattfindenden Tagung zum Oktober 1956 hält Adam Michnik ein Referat zum Thema „Neuer Evolutionismus“ (Nowy ewolucjonizm), das später in der Londoner Exilzeitschrift „Aneks“ (Nr. 13–14/1977) abgedruckt wird. Die einzige effiziente, in der polnischen Realität bereits bewährte Methode zur Demokratisierung des kommunistischen Systems sei es, so Michnik, die Staatsführung durch Druck aus der Gesellschaft zu Zugeständnissen zu zwingen. Für die Durchschlagskraft dieses Drucks sei der Anteil der Arbeiter an den Protesten entscheidend.

In einem „Appell an die polnische Gesellschaft und an die Staatsführung der Volksrepublik Polen“ (Apel do społeczeństwa i władz PRL) informiert eine Gruppe von 14 Personen darüber, dass das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) gegründet wurde. Die Unterzeichner sind: Jerzy Andrzejewski, Stanisław Barańczak, Ludwik Cohn, Jacek Kuroń, Edward Lipiński, Jan Józef Lipski, Antoni Macierewicz, Piotr Naimski, Antoni Pajdak, Józef Rybicki, Aniela Steinsbergowa, Adam Szczypiorski, Pfarrer Jan Zieja und Wojciech Ziembiński. In den folgenden Wochen stoßen noch weitere Personen zu dem Komitee. Anliegen des KOR ist die Unterstützung der nach den Juni-Ereignissen Unterdrückten und Verfolgten. Das KOR wird zur ersten öffentlich agierenden, wenn auch illegalen Organisation der Opposition. Die wichtigste Arbeit des Komitees besteht im Sammeln von Informationen über die Opfer staatlicher Repressionen und in der Verbreitung dieser Informationen mit Hilfe der polnischsprachigen Programme westlicher Rundfunkfunksender und über zensurunabhängige Druckerzeugnisse.

Erste Ausgabe der Zeitschrift „U progu“, die anonym von Emil Morgiewicz, Adam Wojciechowski, Jacek Wegner und Krystian Brodacki, die sich im Weiteren in der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (ROPCiO) engagieren, herausgegeben wird.

KOR beantragt beim Parlament (Sejm) die Einsetzung eines Abgeordnetenausschusses zur Untersuchung der Repressionen gegen Teilnehmer der Streiks und Demonstrationen im Juni 1976. Zugleich sollen die Ergebnisse dieser Untersuchung öffentlich gemacht werden. Der Sejm erhält in der Folgezeit zahlreiche weitere Petitionen in dieser Angelegenheit, verfasst von Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft, von Geistlichen und Studierenden.

Antoni Macierewicz veröffentlicht in der Zeitschrift „Aneks“ (Nr. 12) unter dem Pseudonym „Marian Korybut“ seinen programmatischen Aufsatz „Nachdenken über die Opposition“ (Refleksje o opozycji). Darin heißt es: „Es gibt heute keine Freiheit und Demokratie ohne den Bezug zur Unabhängigkeit. Daran ändert auch die Philosophie der ‚aufgeklärten Mäßigung‘ oder des gewaltfreien Widerstands gegen das Böse nichts. […] Die Opposition muss eine freie Stimme der Öffentlichkeit sein und kein Anhängsel einer Fraktion irgendeiner Institution. […] Legalität hat keinen Sinn. Einen Sinn hat jedoch sehr wohl öffentliches Agieren, aber nur dann, wenn die Opposition – eine kleine Gruppe, die globale Politik betreibt – abgelöst wird von einer Widerstandsbewegung. Eine allgemeine Bewegung, die sich aus der allgemeinen Bereitschaft speist, auch die Konsequenzen zu tragen. Nur wenn wir klipp und klar sagen, was zulässig ist und was nicht. Wenn wir Öffentlichkeit schaffen […] Wenn wir das Minimum realisieren – zumindest nicht lügen. Wenn wir den Wert der in Vergessenheit geratenen Worte Gerechtigkeit, Freiheit und Unabhängigkeit wiederherstellen. Nur dann wird der Aufbau der Bewegung möglich sein, das Handeln der Opposition.“