Dieser Prozess und die Solidaritätsbekundungen waren die Initialzündung für die Aktionen des sogenannten „Kommandotrupps“ an der Universität Warschau. Der „Offene Brief“ wurde unter anderen vom Literarischen Institut in Paris veröffentlicht. Die Affäre um Jacek Kuroń und Karol Modzelewski erschien auch in der westlichen Presse. Die beiden Angeklagten gehörten so zu den prominentesten politischen Gefangenen im gesamten Ostblock.

Modzelewski wurde am 3. August 1967 aus der Haft entlassen und beteiligte sich schon bald gemeinsam mit Jacek Kuroń an den Aktivitäten des „Kommandotrupps“. Er distanzierte sich zunehmend von den Thesen im „Offenen Brief“ und überhaupt von der Konzeption des radikalen Marxismus, obgleich er sich weiterhin linken Werten verbunden fühlte.

Nach der von den Behörden erzwungenen Absetzung des Theaterstücks „Totenfeier“ (Dziady) von Adam Mickiewicz in der Inszenierung von Kazimierz Dejmek am Warschauer Nationaltheater war Modzelewski einer der Ersten, die zu Protesten aufriefen. Er verfasste Flugblätter und stimmte während der letzten Vorstellung am 30. Januar 1968 den Sprechchor „Unabhängigkeit ohne Zensur!“ (Niepodległość bez cenzury!) an.

Obwohl er sich damals in Diskussionen zunächst gegen Protestkundgebungen als Widerstandsform ausgesprochen hatte, änderte er seine Meinung nach der Zwangsexmatrikulation von Adam Michnik und Henryk Szlajfer am 3. März 1968. Wie Jacek Kuroń wurde auch Modzelewski am Abend des 8. März verhaftet. Die Parteipresse und der Erste Sekretär des Zentralkomitees Władysław Gomułka attackierten ihn öffentlich. Gemeinsam mit Jacek Kuroń wurde er für die Ereignisse des März 1968 verantwortlich gemacht. Im Januar 1969 wurde beiden wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer konspirativen Vereinigung (gemeint war der „Kommandotrupp“) der Prozess gemacht. Beide erhielten je dreieinhalb Jahre Haft.

Im September kam Modzelewski aus dem Gefängnis frei. Er fand einen Arbeitsplatz am Institut für die Geschichte der Materiellen Kultur der Polnischen Akademie der Wissenschaften, allerdings nicht in Warschau. Seinen Wohnsitz hatte er fortan in dem Städtchen Sobótka unweit von Breslau. An oppositionellen Aktivitäten nahm er nicht mehr teil, sondern erklärte, er wolle sich der wissenschaftlichen Arbeit widmen. Er sei von den Jahren im Gefängnis erschöpft und glaube nicht mehr an die Möglichkeit, bessere politische Bedingungen durchsetzen zu können.

Nach den Ereignisse im Juni 1976 meldete er sich dennoch mit einer Protesterklärung an den Ersten ZK-Sekretär Edward Gierek zu Wort. Darin wies er auf die sich vertiefende politische und wirtschaftliche Krise hin und prangerte die gegen die Arbeiter gerichteten Repressionen an. Er sei Anhänger des politischen Pluralismus, sehe jedoch unter den existierenden Bedingungen keine Chance, diesen zu realisieren. Das von ihm in dem Schreiben vorgestellte Programm sprach sich für begrenzte Reformen aus, darunter für autonome Gewerkschaften.

1978 veröffentlichte Modzelewski unter dem Pseudonym „Krzysztof Kwiecień“ zusammen mit dem Exil-Publizisten Jan Drewnowski in der unabhängigen politischen Quartalsschrift „Krytyka“ (Kritik) eine Polemik zum Thema Revisionismus. Er verteidigte den Revisionismus als einen Denkansatz, der einen großen kulturellen Gewinn und Entwürfe für antitotalitäres Handeln hervorgebracht habe. Zugleich stellte er fest, der Opposition der 70er Jahre sei die kommunistische Ideologie völlig fremd, obwohl viele ihrer Akteure einst Revisionisten gewesen seien. Diese Feststellung bezog er nicht zuletzt auch auf sich selbst.

Andrzej Friszke
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 07/16