Chemiker; Mitarbeiter des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR); ab 1977 in der Leitung des Unabhängigen Verlagshauses NOWA, ab 1980 deren Vorsitzender; Mitbegründer des Archivs der Solidarność und der Stiftung Unabhängiger Verlage.

Grzegorz Boguta wurde 1952 in Warschau geboren, wo er 1976 sein Chemiestudium abschloss. 1976/77 war er am Institut für Biochemie und Biophysik der Polnischen Akademie der Wissenschaften tätig.

Auf Anregung von Piotr Naimski schloss sich Boguta dem Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników; KOR) an. Er gehörte zur Gruppe von Mirosław Chojecki, die nach Radom fuhr, um dort den wegen ihres Protests im Juni 1976 verfolgten Arbeitern und ihren Familien zu helfen. Er und Jan Lityński unterstützten die Arbeiter nicht nur juristisch und finanziell, sondern boten ihnen auch ein Diskussionsforum. Durch einen Spitzel flog die Gruppe 1977 auf. Boguta entging jedoch der Verhaftung und legte gemeinsam mit Konrad Bieliński und Mirosław Chojecki den Grundstock der Grafik- und Druckarbeiten des KOR.

Im Sommer 1977 nahm Boguta an der Gründung des Unabhängigen Verlagshauses NOWA (Niezależna Oficyna Wydawnicza NOWA) teil. Er war – neben Mirosław Chojecki, Maria Fedecka, Ryszard Knauff und später auch Konrad Bieliński, Mieczysław Grudzinski und Adam Michnik – Mitglied des Leitungskollegiums. Nach der Verhaftung von Mirosław Chojecki übernahm er 1980 die Leitung von NOWA.

Boguta war Mitunterzeichner der „Deklaration der Demokratischen Bewegung“ (Deklaracja Ruchu Demokratycznego) vom 18. September 1977, des Grundsatzprogramms von KOR.

In den Jahren 1978 bis 1983 arbeitete er am Institut für Kernforschung. Mit der Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 wurde er interniert, zunächst im Warschauer Stadtteil Białolęka und im westpommerschen Jaworze, später in Darłówko, ebenfalls in Pommern. Trotz der Inhaftierung, steuerte er weiter die Arbeit von NOWA, nach seiner Freilassung am 12. Dezember 1982, kehrte er zur unmittelbaren Leitung der Verlagsanstalt zurück.

Boguta war zahlreichen Repressionen ausgesetzt, darunter ständigen Observationen und die dreimalige Entlassung aus seiner Arbeit. Da er den Kontakt zu seiner Fachdisziplin nicht verlieren wollte, wurde er Stipendiat des im Untergrund tätigen Gesellschaftlichen Komitees für die Wissenschaft (Społeczny Komitet Nauki; SKN). 1983 verteidigte er seine Doktorarbeit. Bei weiteren Hausdurchsuchungen wurden nicht nur unabhängige Publikationen eingezogen, sondern auch seine privaten Ersparnisse. Seine Frau verlor ihren Arbeitsplatz. Dennoch setzte er die verlegerische Arbeit im Untergrund fort. Im Frühjahr 1983 gründete er gemeinsam mit Andrzej Paczkowski und anderen das Archiv der Solidarność und den Fonds Unabhängiger Verlage (Fundusz Wydawnictw Niezależnych), der die Arbeit der Untergrundverlage koordinierte und die aus dem Ausland eingehenden Finanzhilfen verteilte.

1985–90 arbeitete er in der Abteilung Biophysik der Warschauer Universität.

Am Runden Tisch (6. Februar–5. April 1989) repräsentierte er die Solidarność in der Arbeitsgruppe für Massenmedien. 1989 wurde er Berater des Kulturministers.

Nach dem Systemwechsel war Boguta 1990 zunächst Direktor des Staatlichen Wissenschaftsverlags und nach dessen Privatisierung 1992 Vorstandsvorsitzender der Wissenschaftlichen Verlagsanstalt PWN. Er war Mitgründer der Polnischen Buchkammer, an deren Spitze er 1990–97 stand. Seit 1999 leitet er die Beratungs- und Investitionsfirma Metapress und ist als Experte und Consultant des Open Society Instituts und des Europarates tätig.

Wojciech Leonczuk
Aus dem Polnischen von Markus Pieper und Wolfgang Templin
Letzte Aktualisierung: 09/15