Physiker; einer der aktivsten Mitarbeiter des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) und des Komitees für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (KSS „KOR“); ab 1981 Solidarność-Aktivist in verschiedenen Funktionen: 1981 Regionalvorstand Masowien, später Mitglied des Regionalen Exekutivausschusses Masowien, 1982 betrieb er den Rundfunksender „Solidarność“ in Warschau, 1986–89 leitete er den Interventions- und Rechtsstaatlichkeitsausschuss und 1988/89 Mitglied des Landesexekutivausschusses der Solidarność; Pseudonym: „Z. Z.“

Zbigniew Romaszewski wurde 1940 in Warschau geboren. Noch als Gymnasiast trat er 1955 dem Ortsverband des Bundes der Polnischen Jugend (Związek Młodzieży Polskiej; ZMP) bei, der jedoch im Zuge der Ereignisse im Oktober 1956 aufgelöst wurde. 1957–64 studierte er Physik an der Universität Warschau und arbeitete nach dem Studium im Institut für Physik der Polnischen Akademie der Wissenschaften. 1980 promovierte er. 1967 sammelte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Zofia Romaszewska Unterschriften für eine Petition, in der Wissenschaftler ihre Solidarität mit Adam Michnik zum Ausdruck brachten, der von der Universität Warschau zwangsexmatrikuliert worden war. Nach den Ereignissen im März 1968 fanden in der Wohnung der Romaszewskis politische Diskussionen im Freundes- und Bekanntenkreis statt, zu denen unter anderem Ludwik Cohn, Edward Lipiński, Jan Nepomucen Miller und Maria Ossowska kamen.

1976 unterzeichnete Romaszewski einen Protestbrief gegen die geplanten Verfassungsänderungen. Ein paar Monate später begann er – vermittelt durch seine Bekanntschaft mit Henryk Wujec – gemeinsam mit seiner Frau Geld für die Arbeiter aus Radom und den Warschauer Ursus-Werken zu sammeln, die wegen ihrer Teilnahme an den Protesten im Juni 1976 staatlichen Repressionen ausgesetzt waren. Schon bald schloss er sich der von Mirosław Chojecki geleiteten sogenannten Radomer Gruppe an. Zwischen September 1976 und Januar 1977 fuhr er 43-mal nach Radom, um dort Betroffenen zu helfen. Nach der Verhaftung Mirosław Chojeckis im Oktober 1976 übernahmen er und seine Frau die Organisation der Fahrten nach Radom. Romaszewski wurde so zu einem der aktivsten Mitarbeiter des im September 1976 gegründeten Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników; KOR).

Ab 1977 gehörte er zu den ständigen Mitarbeitern der unabhängigen Monatszeitschrift „Głos“ (Stimme). Er unterschrieb die Deklaration der Demokratischen Bewegung (Deklaracja Ruchu Demokratycznego) vom 18. September 1977, ein Programmdokument aus dem Umfeld des KOR. Ab Oktober 1977 gehörte er zum Komitee für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (Komitet Samoobrony Społecznej „KOR“; KSS „KOR“), zu dessen prägendsten Persönlichkeiten er zählte.

Im Herbst 1977 übernahm das Ehepaar Romaszewski die Leitung des sogenannten Interventionsbüros (Biuro Interwencyjne) des KSS „KOR“, das Fälle von Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen durch staatliche Stellen dokumentierte und den Betroffenen Unterstützung anbot. Im Laufe der vier Jahre seiner Existenz erhielt das Büro Jahr für Jahr mehrere Hundert Beschwerden, darunter Fälle von schwerer Körperverletzung und Mord. Die drastischsten Fälle wurden in den „Dokumenten des Unrechts“ (Dokumenty bezprawia, erschienen 1978 bei NOWA) beschrieben. Über die Arbeit des Interventionsbüros berichtete regelmäßig das Informationsbulletin „Biuletyn Informacyjny“ des KSS „KOR“ in der Rubrik „Rechtsstaatlichkeit“, die von den Romaszewskis redigiert wurde.

Anfang 1979 fuhr Romaszewski als Vertreter des KSS „KOR“ nach Moskau, wo er Kontakte zu Andrei Sacharow und zu anderen Vertretern der russischen Opposition knüpfte. Im Februar 1979 hielt er auf der ersten Zusammenkunft der sogenannten Volksuniversität (Uniwersytet Ludowy), die in der Wohnung von Wanda Ferens stattfand, eine Vorlesung. Die Volksuniversität war eine Initiative unabhängiger Bauernaktivisten. Er unterzeichnete die „Charta der Arbeiterrechte“ (Karta Praw Robotniczych, veröffentlicht in einem Sonderheft des „Robotnik“ 1979), die das Programm für eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung enthielt.

Ab Januar 1980 bildete er gemeinsam mit Ludwik Cohn, Edward Lipiński und Aniela Steinsbergowa den Helsinki-Ausschuss des KSS „KOR“. Er war für die Redaktion des ersten Dokuments dieses Ausschusses verantwortlich, des „Berichts über die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte in der Volksrepublik Polen“, dessen Inhalt sich hauptsächlich auf die Arbeit des Interventionsbüros stützte. Der auch „Madrid-Bericht“ genannte Text wurde im Herbst 1980 auf der KSZE-Nachfolgekonferenz in Madrid publik gemacht.

Romaszewski wurde oftmals vom Staatssicherheitsdienst festgenommen, unter anderem im August 1980 in der Wohnung von Jacek Kuroń zusammen mit einer ganzen Gruppe weiterer Bürgerrechtler. Mit Unterzeichnung der Danziger Vereinbarung kam er wieder frei. Nach der Gründung der Solidarność spielte Romaszewski eine wichtige Rolle in deren Führungsgremien. Am 27. Juni 1981 wurde er Mitglied des Präsidiums des Regionalvorstands Masowien, ab Oktober 1981 gehörte er dem Landesausschuss (Komisja Krajowa) an. Ab November 1980 leitete er den Interventions- und Rechtsstaatlichkeitsausschuss der Region Masowien. Den optimalen Weg für die Solidarność sah er in der Vermeidung der Konfrontation mit der Staatsmacht, allerdings nicht um jeden Preis. So unterstützte Romaszewski während der sogenannten Bromberger Krise im März 1981 die Idee eines Generalstreiks.

Am 7. Mai 1988 kam er gemeinsam mit Adam Michnik und Jan Walc Milizangehörigen in Otwock zu Hilfe, die infolge eines Zwischenfalls von der aufgebrachten Menge angegriffen wurden. Im Juni 1981 gab die Solidarność Masowien das Buch „Juni 1976. Radom. Anzeige gegen ein Verbrechen“ (Czerwiec 1976. Radom. Doniesienie o przestępstwie) heraus, für das Romaszewski gemeinsam mit Zenobia Łukasiewicz die Redaktionsverantwortung getragen hatte. In Gesprächen mit der Regierung über die Rehabilitierung der Repressionsopfer des Juni 1976 vertrat Romaszewski die Belange der Gewerkschaftsseite. Er war an der Gründung der sogenannten Klubs der Selbstverwalteten Republik „Freiheit – Gerechtigkeit – Unabhängigkeit“ (Kluby Rzeczpospolitej Samorządnej „Wolność – Sprawiedliwość – Niepodległość“) beteiligt, die am 22. November 1981 von Zbigniew Bujak, Jacek Kuroń und Adam Michnik ins Leben gerufen worden waren.

Als am 13. Dezember 1981 das Kriegsrecht ausgerufen wurde, gelang es Romaszewski, der Internierung zu entkommen. Er setzte seine gewerkschaftliche Tätigkeit im Untergrund fort. Im Februar starteten Zbigniew und Zofia Romaszewski in Warschau ihre Vorbereitungen zur Installierung des landesweit ersten Rundfunksenders der Solidarność. Die erste Sendung wurde am 12. April 1982 ausgestrahlt – mithilfe der von Ryszard Kołyszko konstruierten Sendetechnik „Komar“. In den Folgemonaten wurde noch ein weiteres gutes Dutzend Sendungen ausgestrahlt.

In der im März 1982 veröffentlichten Broschüre „August 1980, Dezember 1981 – was weiter?“ (Sierpień 1980 – grudzień 1981 – co dalej?, erschienen 1982 in der Biblioteka „Tygodnika Wojennego“) formulierte Romaszewski ein Programm für den zentralisierten Widerstand. Es müsse für die Untergrund-Solidarność ein Führungsgremium geschaffen werden, dessen Aufgabe in erster Linie die Gestaltung der Politik der Gewerkschaft sei – und nicht die Koordinierung der aufgrund der Konspiration dezentral agierenden lokalen Gewerkschaftszellen. Am 8. Mai 1982 etablierte er gemeinsam mit Zbigniew Bujak, Zbigniew Janas und Wiktor Kulerski den Regionalen Exekutivausschuss Masowien der Solidarność (Regionalna Komisja Wykonawcza; RKW). Im Streit um die Strategie der Gewerkschaft war Romaszewski in den nächsten Monaten im Gegensatz zu Zbigniew Bujak ein entschiedener Befürworter eines Generalstreiks, denn dies sei das einzige Mittel, um die Herrschenden zu Zugeständnissen zu zwingen. Der Streik müsse im gesamten Land stattfinden und die bestreikten Betriebe müssten aktiv verteidigt werden. In Warschau wäre es notwendig, dass 20–30 große Betriebe und Fabriken in den Ausstand träten (in Form von sogenannten Okkupationsstreiks, also der Besetzung der betroffenen Betriebe), weitere Betriebe würden zur Unterstützung an dem Arbeitskampf teilnehmen. Darüber hinaus müssten Kundgebungen und Demonstrationen stattfinden, um dadurch einen Teil der Sicherheitskräfte zu binden.

Romaszewski suchte auch die Zusammenarbeit mit dem Überbetrieblichen Arbeiterkomitee der Solidarność (Miedzyzakładowy Robotniczy Komitet „Solidarności“), einer vom Regionalen Exekutivausschuss Masowien unabhängigen, konspirativen Struktur, in deren Einzugsbereich sich die großen Warschauer Betriebe befanden. Am 7. Juni 1982 war er an den Vorbereitungen einer spektakulären Gefangenenbefreiung beteiligt. Befreit wurde der Drucker des Unabhängigen Verlagshauses NOWA (Niezależna Oficyna Wydawnicza NOWA) Jan Narożniak – und zwar aus einem vom Staatssicherheitsdienst scharf bewachten Krankenhaus, in das er gebracht wurde, nachdem er von der Miliz angeschossen worden war.

Paweł Sowiński
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 07/16