Technischer Redakteur; Unabhängigkeitsaktivist, Gründungsmitglied des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR), später auch der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (ROPCiO); Initiator und führender Aktivist der Gruppierung „Kongress der Nationalen Solidarität“.

Wojciech Ziembiński wurde 1925 in Gniew in der heutigen Woiwodschaft Pommern geboren. Während der deutschen Besatzung arbeitete er mit dem bewaffneten Untergrund zusammen. 1942 wurde er verhaftet, in ein Lager in Karlsruhe gesperrt und zur Zwangsarbeit im Rheinland gezwungen. 1945 trat er in die Reihen der Polnischen Streitkräfte im Westen (Polskie Siły Zbrojne na Zachodzie) ein und kehrte 1947 nach Polen zurück.

Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Thorn (Toruń) und Warschau arbeitete er als technischer Redakteur, Grafiker und Journalist für die Verlagsgenossenschaft Czytelnik, für den juristischen Verlag Wydawnictwo Prawnicze sowie für die Redaktionen der Zeitschriften „Nasza Ojczyzna“ (Unser Vaterland) und „Lekkoatletyka“ (Leichtathletik). 1953 wurde ihm vom Verlag Czytelnik gekündigt, da er sich geweigert hatte, den Tod Stalins zu würdigen.

Nach dem Oktober 1956 engagierte sich Ziembiński im Klub der Katholischen Intelligenz (Klub Inteligencji Katolickiej; KIK) sowie im Klub des Krummen Kreises“ (Klub Krzywego Koła; KKK), wo er unter anderem die Initiative zu einer Ausstellung polnischer sakraler Kunst der Gegenwart und einen KKK-Preis stiftete. Nach der Auflösung des Klubs des Krummen Kreises war er der Anlaufpunkt für die sogenannte Gruppe der Widerspenstigen; deren Zusammenkünfte fanden in der Warschauer Wohnung Ziembińskis statt und waren der erste vom Unabhängigkeitsgeist geprägte politische Salon nach dem Stalinismus in Polen. Ziembiński engagierte sich auch in der Kriegsveteranenbewegung sowie in der Gefangenenhilfe (wo er die Reaktivierung der Gefangenenhilfsorganisation „Patronat“ anstrebte) und setzte sich für die Abschaffung der Todesstrafe ein.

Schikanen und Repressionen gegen ihn waren an der Tagesordnung. Nach seiner rechtswidrigen Verhaftung 1965 verbrachte er vier Monate im Gefängnis in der Warschauer Rakowiecka-Straße. 1968 wurde er, nachdem er es abgelehnt hatte, eine „antizionistische Resolution“ zu unterstützen, aus der Redaktion der Zeitschrift „Nasza Ojczyzna“ entfernt und zur Sportpresse strafversetzt. 1971 verurteilte man ihn in Pisz zu einer einjährigen Haftstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte in einer Unterhaltung in einem Pfadfinderlager die neue polnische Ostgrenze infrage gestellt.

Nachdem er in den 70er Jahren die Pflichten eines Sekretärs des Ältestenrates des „Polnischen Heeres“ übernommen hatte (eines informellen Gremiums der dienstältesten Offiziere der Zweiten Polnischen Republik, in der unter anderen General Mieczysław Boruta-Spiechowicz, General Franciszek Kamiński und Oberst Kazimierz Pluta-Czachowski vertreten waren), wurde Ziembiński zum Initiator von Feierlichkeiten zu Gedenk- und Jahrestagen der polnischen Unabhängigkeit, unter anderem am Grabmal des Unbekannten Soldaten in Warschau. Er organisierte Jahr für Jahr patriotische Gottesdienste für den Staatschef der Vorkriegszeit, Marschall Józef Piłsudski, für den Warschauer Stadtpräsidenten Stefan Starzyński, für den Generalinspekteur der Polnischen Streitkräfte Edward Śmigły-Rydz, für die Kommandeure des polnischen Untergrunds und für die Opfer des Posener Aufstands im Juni 1956. Auf seine Initiative hin wurden in vielen Kirchen Gedenktafeln angebracht, die das nationale Gedächtnis stärken sollten. Besonders lag ihm die Erinnerung an die im Osten Gefallenen am Herzen. Ziembiński war einer der Ersten, die Gedenkgottesdienste für die Opfer des Massakers von Katyń organisierte (in Katyń hatte die sowjetwische Geheimpolizei 1940 unter anderem tausende polnische Offiziere erschossen) sowie für die im Kampf gegen die Sowjetarmee nach deren Einmarsch in Polen 1939 Gefallenen.

Im Dezember 1975 unterschrieb Ziembiński den an den polnischen Sejm gerichteten Brief der 59, in dem gegen geplante Verfassungsänderungen protestiert und die Zielstellungen der Opposition umrissen wurden. Er gab auch den Anstoß und war einer der Autoren (gemeinsam mit Jan Olszewski, Antoni Pajdak und Stanisław Szczuka) des Briefes der 14 vom Januar 1976, der sich gegen die Verankerung des unverbrüchlichen Bündnisses mit der UdSSR in der Verfassung Polens aussprach. Als er am 23. September 1976 das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników; KOR) mit ins Leben rief, untersagten ihm die Behörden die Ausübung seines Berufes.

Als Vertreter eines konservativ ausgerichteten Unabhängigkeitsdenkens ging Ziembiński recht bald auf Distanz zum KOR und unterstützte die Initiative von Andrzej Czuma und Leszek Moczulski zur Gründung der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (Ruch Obrony Praw Człowieka i Obywatela; ROPCiO). Er unterschrieb den Gründungsappell „An die polnische Gesellschaft“ (Do społeczeństwa polskiego) vom 25. März 1977, gehörte fortan zu den Unterzeichnern der wichtigsten ROPCiO-Dokumente und arbeitete zusammen mit Leszek Moczulski und Kazimierz Janusz für die Redaktion der unabhängigen Zeitschrift „Opinia“ (Meinung).

Seinen Bruch mit dem KOR besiegelte er mit einem Referat am 29. September, in dem er die Auflösung des KOR und eine Übertragung eines Teils der verbliebenen KOR-Finanzmittel an ROPCiO forderte.

Im Vorfeld des Warschau-Besuchs von US-Präsident Jimmy Carter im Dezember 1977 sandte Ziembiński dem amerikanischen Präsidenten einen Brief, in dem er daran erinnerte, dass die US-amerikanischen Bündnisverpflichtungen gegenüber Polen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht erloschen seien und dass die Ordnung von Jalta einer neuen, gerechten Weltordnung weichen müsse, die sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker gründe. (Ähnliche Überlegungen enthielt sein Brief an US-Präsident Ronald Reagan im Jahre 1984.) Während seines Besuchs in Polen gewährte Carter der Zeitschrift „Opinia“ ein aufsehenerregendes Interview, das allerdings in Bezug auf die von Ziembiński formulierten Forderungen nur ausweichende Antworten enthielt.

Jerzy Jackl
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 08/16