Im April 1983 traf sich Wałęsa mit dem im Untergrund agierenden Provisorischen Koordinierungsausschuss (Tymczasowa Komisja Koordynacyjna; TKK) der Solidarność, was wichtig für die Einheit der Gewerkschaft war. Ab Anfang Mai 1983 nahm er seine Arbeit in der Danziger Werft wieder auf. Im August fand in der Werft eine vom Fernsehen übertragene Diskussion von Vizepremier Mieczysław Rakowski mit Werftarbeitern statt, unter denen sich auch Wałęsa befand. Im Gegensatz zum hektisch agierenden Vizepremier punktete Wałęsa mit seiner besonnenen und versöhnlichen Haltung.

Am 5. Oktober 1983 wurde Lech Wałęsa für seinen Beitrag zur Verteidigung der Arbeiterrechte und zur Gründung unabhängiger Gewerkschaftsorganisationen mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Wałęsa erklärte, der eigentliche Preisträger sei das polnische Volk. Der Preis wurde in Oslo von seiner Frau Danuta entgegengenommen, die seine Nobelpreisrede verließ. In dieser stellte Wałęsa fest: „Trotz allem, was in meinem Land seit zwei Jahren geschieht, bin ich weiterhin der Auffassung, dass wir auf Verständigung angewiesen sind, dass die schwierigen Probleme der Lage in Polen nur auf dem Wege eines wirklichen Dialogs zwischen den Herrschenden und der Gesellschaft gelöst werden können.“

Auf seiner Suche nach Verständigungsmöglichkeiten mit den Machthabern setzte Wałęsa im September 1986 nach der Amnestie für politische Gefangene auch den öffentlich agierenden Provisorischen Rat (Tymczasowa Rada) der Solidarność ein. Bereits im Oktober führte er auch wieder Gespräche mit den im Untergrund abgetauchten Solidarność-Führern.

Im Januar 1987 traf sich Wałęsa in Danzig mit dem US-amerikanischen Vize-Außenminister John Whitehead und im September kam es in Warschau zu einer Begegnung mit US-Vizepräsident George Bush. Am 31. Mai 1987, unmittelbar vor dem Besuch von Papst Johannes Paul II. in Polen, versammelten sich in Warschau auf Einladung Lech Wałęsas 63 Persönlichkeiten, die eine Erklärung zu den Grundsätzen der polnischen Opposition verabschiedeten: Unabhängigkeit, Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit sowie freie Wirtschaftstätigkeit. Johannes Paul II. unterstützte während seines Polenbesuchs die Opposition, er ermunterte dazu, das „große Erbe der polnischen Solidarność“ zu verwirklichen, und er empfing den Vorsitzenden der Gewerkschaft zu einer speziellen Audienz.

Am 25. Oktober 1987 übernahm Wałęsa den Vorsitz des Landesexekutivausschusses (Krajowa Komisja Wykonawcza; KKW) der Solidarność, der an die Stelle des Provisorischen Koordinierungsausschusses und des Provisorischen Rates getreten war. Die Zeit der konspirativen Führung der Gewerkschaft im Untergrund war damit beendet. Im Mai 1988 schloss er sich einem Streik in der Danziger Werft an, der jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachte. Er wurde am 10. Mai mit einem von Wałęsa und Tadeusz Mazowiecki geführten Demonstrationszug beendet. Erst der nächste Streik, zu dem der Gewerkschaftsvorsitzende Wałęsa für den 22. August 1988 aufgerufen hatte, führte dazu, dass wieder Gespräche zwischen Regierung und Opposition stattfanden.

Am 31. August 1988 traf sich Wałęsa mit Innenminister General Czesław Kiszczak, dem er das Angebot unterbreitete, dass unter der Bedingung der Wiederzulassung der Solidarność bestimmte Reformvorhaben der Regierung von der Opposition unterstützt werden könnten. Nach zwei weiteren Treffen zwischen General Kiszczak und Wałęsa wurde vereinbart, Gespräche an einem Runden Tisch vorzubereiten, in denen Staatsreformen, die Modernisierung der Wirtschaft und ein Modell für die Gewerkschaftsbewegung erörtert werden sollten.

Die Staats- und Parteiführung wollte sich jedoch nicht auf die Wiederzulassung der Solidarność einlassen und versuchte mit der Schließung der Danziger Werft, die Gewerkschaft und ihren Vorsitzenden an den Rand zu drängen. Den Durchbruch brachte eine öffentliche Fernsehdebatte am 30. November 1988 zwischen Lech Wałęsa und dem Vorsitzenden des offiziellen Gewerkschaftsverbandes, Alfred Miodowicz, der zugleich Mitglied des Politbüros war. Dieses TV-Duell wurde für Wałęsa zum glänzenden Triumph. Im staatlichen Fernsehen präsentierte er sich einem Millionenpublikum als umsichtiger und zugleich entschlossener Gewerkschaftsführer.

Allen staatlichen Widerständen zum Trotz stieg Wałęsas Popularität weiter, wovon nicht zuletzt auch seine internationalen Kontakte zeugten. Noch im November 1988 besuchte ihn die britische Premierministerin Margaret Thatcher. Im Dezember wurde er in Paris von Frankreichs Staatspräsident François Mitterand empfangen.

Am 18. Dezember 1988 formierte sich in Warschau das Bürgerkomitee beim Vorsitzenden der Solidarność (Komitet Obywatelski przy Przewodniczącym NSZZ „Solidarność“) als Vertretung verschiedener Oppositionskreise, die Wałęsa als Autorität und seine auf einen Kompromiss zielende Politik anerkannten. Zu den Komiteemitgliedern zählten viele herausragende polnische Intellektuelle und Wissenschaftler. Sie bildeten ein Expertenteam für die Verhandlungen mit den Kommunisten, und zwar nicht nur in Bezug auf die Wiederzulassung der Solidarność, sondern auch in Bezug auf staatliche und wirtschaftliche Reformen. Die Gespräche am Runden Tisch begannen am 6. Februar 1989 in Magdalenka bei Warschau. Zur Eröffnung sagte Wałęsa: „Die Zeit des Monopols […] geht ihrem Ende zu. Wir brauchen einen Umbauprozess, der aus dem Staat einer Partei einen Staat des Volkes und der Gesellschaft macht.“ Während der zwei Verhandlungsmonate war er nicht ununterbrochen dabei, sondern reiste quer durch Polen, um Streiks zu schlichten und Überzeugungsarbeit für einen Kompromiss mit den Kommunisten zu leisten. Die Verhandlungen in Magdalenka mied er und nahm lediglich an den wichtigsten, vertraulichen Zusammenkünften teil. An allen entscheidenden Beschlüssen war Wałęsa jedoch beteiligt.

Am Runden Tisch erklärte sich die Opposition zur Teilnahme an „halbfreien“ Parlamentswahlen mit zuvor festgelegtem Mandatsschlüssel bereit: Die Solidarność durfte nur für ein Drittel der Sejm-Sitze Kandidaten aufstellen, der Rest war der PZPR und den mit ihr verbündeten Blockparteien vorbehalten; die Wahlen zur zweiten Parlamentskammer, dem Senat, waren hingegen völlig frei. Die Opposition erklärte sich zudem bereit, an einem allmählichen Systemwandel mitzuwirken. Im Gegenzug versprach die Regierung die Wiederzulassung der Solidarność. Wałęsa sprach sich für eine „einheitliche Kandidatenliste“ aus, für jedes Mandat sollte genau ein zentral ausgewählter Kandidat aufgestellt werden. Er selbst wollte jedoch nicht für das Parlament kandidieren.

In dieser Zeit reiste Wałęsa nach Rom, wo ihm Papst Johannes Paul II. eine Privataudienz gewährte. Auch der italienische Staatspräsident, der Premierminister und führende Politiker Italiens empfingen den Solidarność-Vorsitzenden. Am 10. Mai wurde Wałęsa in Straßburg mit dem Europäischen Menschenrechtspreis des Europarates geehrt. Nach dem Wahltriumph der Solidarność am 4. Juni 1989 war er ein Befürworter der Idee, das Präsidentenamt mit einem Kommunisten zu besetzen, wenn die Solidarność den Regierungschef stellen könne („Euer Präsident, unser Premierminister“). Am 17. August 1989 ging die Opposition eine Koalition mit den früheren Blockparteien Vereinigte Bauernpartei (Zjednoczone Stronnictwo Ludowe; ZSL) und Demokratische Partei (Stronnictwo Demokratyczne; SD) ein, was den Weg zur Wahl von Tadeusz Mazowiecki zum Premierminister und damit zur Machtübernahme durch die Opposition ebnete.

Am 9. Dezember 1990 gewann Wałęsa die Präsidentschaftswahlen und war bis 1995 Staatspräsident der Republik Polen. Den Kampf um die Wiederwahl verlor er 1995 gegen den postkommunistischen Präsidentschaftskandidaten Aleksander Kwaśniewski. Auch Wałęsas Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2000 blieb erfolglos.

1995 gründete die Stiftung „Lech-Wałęsa-Institut“ (Instytut Lecha Wałęsy). Im Herbst 2004 unterstützte er die Orangene Revolution und trug so zur Lösung der politischen Krise in der Ukraine bei. Bis in die Jetztzeit dauern in Polen die öffentlichen Kontroversen um eine Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit an. Immer wieder tauchen vermeintliche Beweisstücke auf, deren Echtheit jedoch bislang nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Wałęsa lebt bis heute als Alterspräsident in Danzig und ist ein gefragter Redner im In- und Ausland.

Ein Interview mit Lech Wałęsa gibt es im Online-Dossier „40 Jahre Solidarność“.

Jan Skórzyński
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 07/16